Diana Wider ist Juristin, Sozialarbeiterin, Dozentin an der HSLU und Generalsekretärin der KOKES. Wir haben bei ihr «nachgehakt», welche Rolle die KESB bei der Errichtungsphase spielt und für wen eine Beistandschaft oder ein Vorsorgeauftrag sinnvoller ist.
Diana Wider: Die KESB ist für Menschen in Not da – insbesondere für gesellschaftlich isolierte Menschen, die kein familiäres Umfeld haben oder keine Unterstützung der Familie wollen. Die KESB kann diesen Menschen eine neutrale Beistandsperson zur Seite stellen, die sie bei der Bewältigung der Alltagsaufgaben unterstützt. In rund 40% der Fälle setzt die KESB Privatpersonen als Beistände ein. Das sind – neben Angehörigen – Personen, die sich im Rahmen von Freiwilligenarbeit sozial engagieren. Auch eine Fachperson, eine sogenannte Berufsbeistandsperson, kann eingesetzt werden. Eine Beistandschaft ist eine rundum gute Sache und ermöglicht Selbstbestimmung, weil die Beistandsperson die Interessen der hilfsbedürftigen Person wahrnimmt.
Die hilfsbedürftige Person kann ihre Wünsche bezüglich der Beistandsperson bei der Anhörung der KESB mündlich einbringen. Soll es beispielsweise eine Frau oder ein Mann sein? Soll die Person eher jünger oder älter sein oder über Erfahrung in einem bestimmten Bereich verfügen? Die KESB bemüht sich, die Wünsche zu beachten. Dafür braucht es einen grossen und vielseitig bestückten Pool an Privatpersonen, die sich im Rahmen von Freiwilligenarbeit für solche Mandate zur Verfügung stellen. Interessierte können sich bei der KESB in ihrer Region melden.
Um der Situation vorzubeugen, dass die Person sich infolge Urteilsunfähigkeit nicht mehr selber äussern kann, kann sie – solange sie urteilsfähig ist – mit der KESB Kontakt aufnehmen. Bei vielen KESB ist es möglich, die Namen möglicher Beistandspersonen oder allgemeine Wünsche bezüglich der Beistandsperson im Vorfeld schriftlich zu deponieren. Die KESB ist froh, über die Wünsche Bescheid zu wissen, wenn sie zu einem späteren Zeitpunkt eine geeignete Unterstützung organisieren muss und die Person sich nicht mehr äussern kann.
Wichtig ist, sich zu überlegen, welche Form der Vertretung für das eigene Leben stimmig ist. Damit man an alles Nötige denkt, sollte man sich fachlich beraten lassen, beispielsweise von Pro Senectute. Wichtig ist auch, dass man mit nahestehenden Personen über eigene Wünsche spricht, damit diese später von diesen Personen eingebracht werden können, wenn man sich nicht mehr selber äussern kann. Die KESB spricht bei der Prüfung einer Beistandschaft immer auch mit den Angehörigen.
Bei Ehegatten reicht oft das gesetzliche Vertretungsrecht. Ein Vorsorgeauftrag ist geeignet, wenn man grosses Vertrauen in eine bestimmte Person hat und diese bereit ist, sich in naher oder ferner Zukunft um einen zu kümmern. Der Vorteil einer Beistandschaft ist, dass die KESB alle zwei Jahre prüft, ob es einen gut geht und die eigenen Interessen gewahrt sind. Die Beistandschaft ist überdies eine Vollkaskoversicherung: Bei einem Vermögensschaden – etwa nicht rechtzeitig beantragte Ergänzungsleistungen – haftet der Staat. Bei einem Vorsorgeauftrag gäbe es einen komplizierten Gerichtsfall.
Erwachsenenschutz ist eine Verbundaufgabe. Die KESB ist das letzte Glied in der Versorgungskette. Es ist wichtig, dass die vorgelagerten freiwilligen Leistungen gut ausgebaut und bei der Bevölkerung bekannt sind. Deshalb ist das Beratungsangebot von Pro Senectute wichtig.